Lange Zeit später


Erinnerungen halten Kurs
wie Lastkähne
Brüllende Stille
in Endlosschleife
Wenigstens die Phantomschmerzen
lassen nach

Der Winter bricht
mit den Schneekugeln
Männer führen hin und wieder
Krieg
Wer wegschauen kann
sieht weg

Gott ist nicht so gern
genau

Mówiłam do mojego kraju

Odpowiedź na wiersz Ewy Lipskiej
„Mówię do mojego kraju”

Mówiłam do mojego kraju:
nie chcę wyjeżdżać.
Wyjechałam.
Przez moment byłam
cudzoziemką.
Chwila trwała jak codzienność.
Wrastałam w nią.
Czasem wracałam
pomieszkiwałam
tu i tam – byłam.
Wszystko przemyślałam
przemilczałam
jeszcze raz i jeszcze raz.
Budowałam mosty
dobrych myśli.
Zgubiłam się
w słowach.

 

Ich sprach zu meinem Land

Antwort auf ein Gedicht von Ewa Lipska
„Ich spreche zu meinem Land“

Ich sprach zu meinem Land:
fortfahren will ich nicht.
Ich habe es dennoch getan.
Einen Moment lang war ich
eine Ausländerin.
Der Augenblick dauerte
alle Tage.
Ich bin da hineingewachsen.
Manchmal kehrte ich zurück
wohnte eine Weile
hier und dort – war da.
Über alles habe ich nachgedacht
alles verschwiegen
immer und immer wieder.
Ich baute Brücken
aus guten Gedanken.
In Worten ging ich
verloren.

Blickwinkel

für Kurt Drawert

Die Kids auf der Rollschuhbahn
in Pier Nummer zwei
gleich neben der Brooklyn Bridge
haben keinen Sinn für die Schönheit
ihrer Umgebung, wenn die Abendsonne
die Liberty streift, rote Lichtpunkte auf Wellen wirft.
Für sie liegt die Freiheit in Eleganz und
Schnelligkeit, mit der sie ihre Runden drehen.
Vielleicht ist es manchmal wichtig, den Rand
loszulassen, einen Schritt nach dem
anderen zu wagen, ganz bei sich zu sein.
Ich sehe die Brücke, die Statue,
am anderen Ufer des Flusses Manhattan
von Dämmerung durchwebt.
Über die Rollschuhbahn steht nichts
in meinem Reiseführer,
aber ich versuche zu verstehen, welche Geschichte
die Bilder erzählen und an welcher Stelle
diese Jungen darin vorkommen.
Die Luft wirkt blau, ich setze mich
auf eine Bank, packe die Kamera weg
und dehne die Zeit.

New York August 2017

Und wie wir endlich zum Mond kamen, war's ein Stück faul Holz

Bisweilen ist es gut ein wenig Abstand zu nehmen
Von all diesen Geschichten zwischen Schreibtisch und Bett
Und einmal so durchzuatmen wie der Astronaut Chris Hadfield.
Als er Space Oddity in einer Raumstation sang

In jenem schwerelosen Zustand der uns beruhigen soll
Und glauben lassen dass die Erde immer noch kein umgestürzter Hafen sei
Und dass sich noch alles um alles drehe sagst du
Und ich schaue dir zu wie du das Atmen vor dem Spiegel übst

Um mir zu beweisen dass wir beide
Noch am Leben sind und sich etwas wie Zärtlichkeit einstellt
Wenn die Luft in den Lungen ausreicht um
Sich in den luftleeren Raum fallen zu lassen und dennoch zu singen

IN PINK

der mann mit pinsel und
sprühdose übermalt zeitungsfetzen zerrissene
teile des täglichen wirrwarrs
an den zäunen europas
bankennot
griechen die im großformat er dann
zusammenpappt und dann mit fugendichtung raumtiefe schafft
ein komischer vogel
selber bunt bemalt
und mit eigenen zeitgesetzen steinalt
und kaum runzelig
aber mit ergrautem bart und haar und sein geist
zeitlos
über den menschen
tiefste abgründe sind ihm
nicht fremd er selber strebt nach würde
und ist unverblümt und bescheiden
ein komischer vogel der menschen malt
mit vielen augen aber bauch und beine
und hände und finger
viele augen
ich vermute, er hat auch noch ein paar versteckte
dieser selbstbemalte mann mit pinsel
und sprühdose in der hand

(eine Hommage an Max Weinberg)

aus:
„zwoelf“
gedichte im gras / am himmel / unter der sonne / & / im schnee
Mit einem Vorwort von Prof. Francesco Fiorentino, Universität Roma Tre
Größenwahnverlag Frankfurt am Main, 2017

AUS DEM KAFFEESATZ EIN SATZ

Temeswar, du warst verlobt mit deinen Vorstadtrosen,
verwohnten Hinterhöfen, amourösen Ganoven,
wachgerüttelt von rabiaten Straßenbahnen

an krummen Haltestellen hingen die Josefstädter Kraken
und müde Fratschlerinnen* überm leeren Karren
Ballerinen wirbelten die Krümel von ihren Plissees

Temeswar, heut stehst du nicht mehr Schlange
falsche Fünfziger husten durch deine Alleen
lungenlose Scherze, Feilscher rochen den Braten

und Schaffellmützen stiefeln aus der Inneren ins Grüne
über venezianische Brücken tief ins Betonierte

Temeswar, auf deinen Gräbern pfeifen Chrysanthemen
deine Straßenbahnen halten an erfrorenen Zitronenstraßen
deine Gassen rosten, Zuckerrosen kleben an Fassaden

Emigranten wienern ihre Narben im Kaffeesatz
aus violetten Rosen
und Pappeln schwimmen durch die Gerade

Banatiade

*Marktfrauen

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